Garbage in, Garbage out: Warum Kreativität beim Input beginnt

1. November 2024KreativwirtschaftDesignUX DesignGraphic Recording
© studio craft design

Kreativität hat für jeden eine andere Bedeutung. Für Beate Öttl von Studio Craft Design ist sie wie ein Puzzle, das ständig neu zusammengesetzt wird. Mit einer Leidenschaft für frische Ideen und hochwertigen Input glaubt sie fest daran, dass das, was wir konsumieren, unser kreatives Schaffen maßgeblich beeinflusst. In diesem persönlichen Interview teilt Beate ihre Gedanken darüber, wie sie Kreativität und Benutzerfreundlichkeit im UX-Design verbindet, warum bewusstes Input-Management für sie unerlässlich ist und wie ihre Begeisterung für Graphic Recording dazu beiträgt, Meetings lebendig und einprägsam zu gestalten.

Wie definierst du Kreativität für dich persönlich?

Kreativität ist für mich die Fähigkeit, Dinge immer wieder neu zu kombinieren. Es ist wie eine Art fortlaufendes Puzzle. Man setzt die Teile immer wieder neu zusammen. Ergänzt neue Dinge, oder sortiert aus, sodass etwas Neues entstehen kann.

Dazu braucht es vor allem hochwertigen Input, denn alles, was wir aufnehmen, hat eine Auswirkung auf den Output. Egal ob Gespräche, Bücher, Musik, Social Media, TV – alles was wir konsumieren, wirkt sich darauf aus, was wir kreieren. Oder in der Lage sind zu kreieren.

Mein Kredo lautet daher: Die Basis für gute Kreativarbeit liegt in bewusstem Input-Management. Oder: Garbage in – Garbage out.

Was fasziniert dich besonders am UX-Design? Wie verbindest du dabei Kreativität mit Benutzerfreundlichkeit?

Ich möchte durch meine Arbeit die bestmögliche Erfahrung für Nutzer schaffen. Das ist erstmal nicht immer klassisch kreative Arbeit, sondern orientiert sich oft an Daten und Grundgesetzen der Wahrnehmung. Da sollte man das Rad nicht neu erfinden. Etablierte Standards sind für User sehr wichtig. Sie ermöglichen, dass die meisten Websites nach dem gleichen Schema funktionieren und somit für User Vertrautheit und hohe Erlernbarkeit bieten.

Natürlich wird es dann wieder kreativer, wenn es darum geht einer Website eine individuelle Persönlichkeit zu verleihen. Aber mein Ziel für UX ist es nicht, besonders kreativ zu sein.

Dafür habe ich andere kreative Outlets – wie zum Beispiel Graphic Recording.

Was macht Graphic Recording für dich so spannend? Was kann es in Meetings oder Workshops bewirken?

Gleichzeitig zuzuhören, die Informationen zu verarbeiten und in ein Visual umzuwandeln, ist für mich ein Skill, den nicht viele beherrschen. Er differenziert mich, was ich sehr schön finde. Klarerweise habe ich aber auch Vorbilder, wie zum Beispiel Markus Engelberger.  Ich finde spannend, was dann im Moment entsteht. Beim Publikum sorgt Graphic Recording immer für viel Faszination und es sorgt definitiv dafür, dass Veranstaltungen im Gedächtnis bleiben.

Wie gehst du mit der Balance zwischen Kreativität und den technischen Anforderungen im UX-Design um?

Wenn ich gewisse Anpassungen für absolut notwendig halte, dann kommuniziere ich das genauso und versuche es mit Argumenten durchzusetzen. Ich sehe aber auch, dass jedes Projekt seine Limitierungen mitbringt und beiße mich nicht an Kleinigkeiten fest, die ein ganzes Projekt ins Stocken bringen. Dementsprechend versuche ich immer die Balance zu finden zwischen Nutzerbedürfnissen und Unternehmenszielen.

© studio craft design

Welche Trends oder Entwicklungen im UX-Design und Graphic Recording beobachtest du gerade?

KI ist gerade ein Mega-Trend, das ist klar. Damit beschäftige ich mich auch intensiv, aber ich glaube einfach, dass jeder Trend auch immer einen Gegentrend hat. Daher bin ich überzeugt, dass gerade individuelle Designs und handgezeichnete Notizen an Wert gewinnen werden. Von den Bildern im „KI-Look“ wird man schnell überdrüssig. KI kann uns gewisse Tasks erleichtern, was sehr schön ist. Aber ich bin einfach überzeugt davon, dass Menschen auch gerne für und mit Menschen arbeiten.

Gibt es ein kreatives Projekt, das du schon immer umsetzen wolltest, aber bisher noch nicht die Gelegenheit hattest?

Ja, Ich interessiere mich wahnsinnig für das Thema digitale Bildung. Also ich setze mich damit auseinander, wie Technologien sich langfristig auf unser Wohlbefinden auswirken.

Insbesondere auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die mit dem Smartphone und Social Media aufwachsen. Ich habe selbst noch meine Kindheit und Jugend ohne Smartphone, ja sogar ohne Google verbracht. Trotzdem arbeite ich heute ohne Problem damit. Die meisten von uns tun das. Für mich hängt es eher mit dem persönlichen Interesse zusammen.

Dass es für Kinder einen Vorteil bringt, möglichst früh den Umgang mit Technologie zu erlernen, ist ein Mythos. Lange ging man davon aus, dass die Entwicklung ähnlich verläuft wie beim Erlernen von Sprachen. Also je früher, desto besser. Das wird aber neueren Studien immer mehr widerlegt. Besonders übermäßige Smartphone Nutzung und ihre negativen Konsequenzen werden immer deutlicher.

In die Richtung würde ich gerne in Zukunft arbeiten, zum Beispiel durch Vorträge in Schulen, Kurse für Eltern.  Oder ich schreibe ein Buch zu dem Thema.

Danke liebe Beate für das spannende Interview!